2. Juli 2020

Wie lässt sich fortgeschrittener Parkinson behandeln?

Wenn sich die Beschwerden bei fortgeschrittenem Parkinson mit oral eingenommenen Medikamenten nicht mehr zufriedenstellend behandeln lassen, können andere Therapieformen helfen. Sie können zum Beispiel in Betracht kommen, wenn Betroffene zu manchen Zeiten unter willentlich nicht zu steuernden Überbewegungen leiden, weil der Wirkstoffspiegel zu hoch ist. Auch bei Bewegungseinschränkungen durch zu wenig verfügbare Wirkstoffe können Therapieumstellungen ein Ausweg sein.

Wirkschwankungen glätten

Eine Therapieoption ist die kontinuierliche Infusion von Levodopa, kurz L-Dopa. Damit der Wirkstoff gleichmäßig wirken kann, wird er über eine Medikamentenpumpe in den Dünndarm geleitet. Damit wird der Weg von L-Dopa durch den Magen umgangen. Bei fortgeschrittenem Parkinson ist das ein Vorteil, da der Verdauungstrakt oft verlangsamt ist und oral eingenommene Tabletten weniger zuverlässig wirken. Eine andere Methode ist es, das Parkinson-Medikament Apomorphin über eine Medikamentenpumpe unter die Haut zu verabreichen. Dabei muss der Wirkstoff ebenfalls nicht durch Magen und Darm geführt werden. Die dritte Möglichkeit ist die Tiefe Hirnstimulation. Hierbei werden zwei Elektroden in bestimmte Hirnareale eingeführt. Über ihre elektrischen Impulse werden überaktive Gehirnbereiche reguliert, um die Wirkschwankungen zu reduzieren.

Ermutigende Studienergebnisse

Alle drei Optionen können auch schon zu einem früheren Zeitpunkt wirksamer sein als Tabletten. „Für die Tiefe Hirnstimulation ist das wissenschaftlich nachgewiesen“, erklärt Prof. Dr. Andreas Kupsch, der in Berlin eine Praxis führt und die Basalganglienforschung der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg leitet. „Eine Studie zeigt klar, dass man diese Methode nicht erst im fortgeschrittenen Stadium einsetzen sollte.“ Für die L-Dopa- und die Apomorphin-Pumpe sei das in dieser Form derzeit zwar nicht nachgewiesen. „Es ist jedoch wahrscheinlich, dass sich die Studienergebnisse zur Tiefen Hirnstimulation auf die beiden Medikamentenpumpen übertragen lassen.“

Rechtzeitig handeln

In der Praxis würden beide Pumpentherapien allerdings häufig erst sehr spät eingesetzt, stellt der Neurologe fest. „Dabei gibt es grundsätzlich kein Argument dafür, sie möglichst lange aufzuschieben. Wir haben bei Parkinson kein Bausparprinzip. Es bringt nichts, jetzt an Wirkstoffen zu sparen, um in Zukunft bessere Möglichkeiten zu haben.“ Eine hohe L-Dopa-Dosis etwa würde zwar ein Risiko für vermehrte Überbewegungen mit sich bringen. Schiebe man die höhere Dosierung über eine Pumpe jedoch auf, können sich die Betroffenen nicht gut bewegen. „Später kann ich ihnen dann zwar mehr L-Dopa geben. Im Verlauf der Erkrankung nehmen jedoch auch die Überbewegungen zu. Der Patient hat somit zu keinem Zeitpunkt die Lebensqualität erfahren, die vorher gegebenenfalls möglich gewesen wäre“, bilanziert Prof. Kupsch.

Ärzte sollten Parkinson-Betroffene, die unter Wirkschwankungen und Überbewegungen leiden, entsprechend frühzeitig über mögliche Therapien und ihre Vor- und Nachteile aufklären. Darüber hinaus könne für Patientinnen und Patienten der Austausch mit Betroffenen helfen, die bereits Erfahrungen mit diesen Behandlungsmöglichkeiten haben. Kontakte vermitteln Ärzte, örtliche Selbsthilfegruppen und die Deutsche Parkinson Vereinigung e. V. (dPV).