„Krank werden andere, aber nicht ich.“ Davon gehen die meisten Menschen ganz unbewusst aus. Kommt es doch anders, ist das oft ein großer Schock. Trauer, Wut und Ängste sind jetzt völlig normal. Aber wie geht es weiter? Der eine hatte vielleicht schon einen leisen Verdacht, den anderen hat es aus heiterem Himmel getroffen. „Typisch ist jetzt die Angst, nicht mehr alles so machen zu können wie bisher und an Lebensqualität einzubüßen“, beschreibt Erich Kasten, psychologischer Psychotherapeut und Professor für Neuropsychologie an der MSH Medical University Hamburg. „Viele fühlen sich auch weniger wert und schämen sich, dass sie nicht mehr so ‚funktionieren’ wie bislang.“
Ein offener Umgang mit der Diagnose hilft, sie zu verarbeiten.
Zwar könne die Diagnose auch Erleichterung bringen. „Man weiß, was man hat und dass die Krankheit zumindest gut behandelbar ist“, erläutert der Experte. „Gleichzeitig stirbt aber die Hoffnung, dass doch noch alles von alleine wieder verschwindet.“ Die Reaktionen auf diese Erkenntnis könnten bis in die Depression führen. „Nicht wenige Betroffene ziehen sich zurück, um dem scheinbaren Glück der Gesunden aus dem Weg zu gehen.“ Bernd Braun, Regionalleiter der Bad Segeberger Selbsthilfegruppe der Deutschen Parkinson Vereinigung, erlebt zudem immer wieder: „Viele versuchen, die Erkrankung zu vertuschen.“ Die Energie, die sie das koste, fehle ihnen jedoch, um ihren Weg zu finden, beobachtet der 65-Jährige. Er lebt selbst seit zehn Jahren mit Parkinson. „Besser ist ein offener Umgang damit. Ich habe mich schon bald nach meiner Diagnose dazu entschieden – und es war genau richtig.“
Geben Sie sich Zeit
An diesen Punkt zu gelangen, braucht allerdings Zeit. Und nicht nur das: Auch negative Gedanken und dunkle Gefühle sind in dieser Phase normal und sogar wichtig. „Bei jedem Verlust, und dazu gehört auch ein Verlust an Gesundheit, muss ein Mensch Trauerarbeit leisten“, betont Prof. Kasten. „‚Weinen reinigt die Seele’, sagen wir Psychologen.“ Irgendwann müsse man allerdings zurück ins Leben finden. „Weiterhin endlos über sein Leiden und die Zukunft zu grübeln, stresst nur zusätzlich.“ Vielmehr sollte man sehen, was trotz eventueller Einschränkungen möglich ist und einem Freude macht. „Daraus lassen sich Ziele entwickeln, die trotz der Erkrankung erreichbar sind“, so der Experte. Doch wie lässt sich das Tief nach der Diagnose überwinden? „Womöglich wird der Körper, der einem durch Krankheit gewissermaßen einen Strich durch die Rechnung macht, als Feind betrachtet“, sagt Prof. Kasten. „Wichtig ist aber, ihn so anzunehmen, wie er ist.“ Ebenso sollten Betroffene akzeptieren, dass sie womöglich Hilfe benötigen werden – und die Unterstützung annehmen. „Wesentlich für die Bewältigung der Diagnose ist, mit seinen Liebsten zu überlegen, wie sich die Krankheit in einen möglichst normalen Alltag integrieren lässt, welche Rollen und Aufgaben vielleicht neu definiert werden müssen.“ Darüber Klarheit zu gewinnen, sei in einer Phase, in der vieles neu und ungewiss ist, sehr hilfreich.
Nehmen Sie Hilfe an
Wie gut das gelingt, hat viel mit der Haltung zu sich selbst und dem Leben gegenüber zu tun. „In jedem Fall hilfreich sind emotionaler Beistand und konkrete Hilfen von
Sie fühlen sich von der Diagnose überrollt, haben Angst vor dem, was auf Sie zukommen mag?
„Informieren Sie sich über Ihre Krankheit. Wissen ist ein wirksames Gegenmittel bei Unsicherheit. Sprechen Sie zudem mit Ihnen vertrauten Menschen über Ihre neue Situation. Das hilft, die Gedanken zu klären“, rät Prof. Erich Kasten. Sie sind unsicher, was Sie in der Selbsthilfe erwartet? „Nehmen Sie Kontakt auf und fragen Sie, ob Sie sich im Vorfeld mit der Leitung oder einem Mitglied einmal alleine verabreden können. Bei Ihrem ersten Treffen kennen Sie dann bereits jemanden und wissen ein bisschen etwas über die Gruppe. Das gibt Sicherheit“, empfiehlt Bernd Braun.