Wirkt sich Parkinson auf die Sexualität des Betroffenen und damit auf sein Liebesleben aus, hilft vor allem eins: Offen miteinander darüber zu sprechen, was man sich wünscht und wie man mit Veränderungen umgehen kann.
Es beschäftigt beide Partner, wenn Parkinson die Lust oder die körperliche Sexualität beeinflusst. Sich durch die Erkrankung eingeschränkt fühlen, seine Bedürfnisse nicht berücksichtigt sehen, sich überfordert fühlen, weniger Attraktivität, oder ein gesteigertes sexuelles Begehren erleben sind mögliche Veränderungen. Wichtig ist dann zu sehen: All das ist verständlich und nicht verwerflich. Allerdings sollte es niemand in sich hineinfressen. „Sonst kann das schnell zum Rückzug führen und beide entfernen sich mit der Zeit immer weiter voneinander“, weiß der Psychologische Psychotherapeut Dr. Christoph Braukhaus aus Kellinghusen.
Probleme offen ansprechen ist der erste Schritt zu einer gemeinsamen Lösung.
Der Experte weiß allerdings auch: Den meisten Menschen fällt es nicht leicht, über ihre Sexualität zu sprechen. „Vielfach ist das Thema schlichtweg mit Scham besetzt.“ Um einen Anfang zu finden, empfiehlt er, einen angenehmen Gesprächsraum zu schaffen. „Eine Diskussion zu beginnen, wenn etwas gerade nicht gut gelaufen ist, jemand sich zum Beispiel zurückgewiesen fühlt, macht wenig Sinn. Besser kündigt man seinen Gesprächsbedarf an: ‚Ich möchte gern am Wochenende einmal mit dir darüber reden, wie wir mit Zärtlichkeit und Sexualität umgehen können. Denn für mich ist da etwas nicht in Ordnung.‘ So kann der andere sich vorbereiten. Später können sich beide in ruhiger Atmosphäre austauschen.“
Dem anderen Raum geben
Für das Gespräch selbst rät Dr. Braukhaus zu „Ich“-Botschaften wie „Ich wünsche mir …“ oder „Mir fehlt etwas.“. Mit ihnen ließen sich die eigenen Gefühle gut beschreiben. Verzichten sollten die Partner auf rasch vorwurfsvoll klingende Sätze wie „Du bist so …“ oder „Du machst nie …“. „Natürlich sollte man im Gespräch auch dem anderen Raum für seine Sicht geben, etwa mit der Frage: ‚Wie ist das eigentlich für dich?‘“ Oft tun sich Angehörige aus einem weiteren Grund schwer, mit dem Betroffenen zu sprechen: Sie wollen ihn schützen und auf keinen Fall kränken – „Er ist ja krank und kann nichts dafür“. Der Psychotherapeut betont jedoch: „Was einen selbst belastet, das belastet immer auch den anderen. Er wird also ohnehin merken, dass etwas nicht stimmt.“ Jeder sollte daher ruhig sein Herz in die Hand nehmen und sagen: „Ich habe ein Problem. Ich weiß, es ist nicht leicht, es zu lösen. Aber es tut mir gut, wenn wir darüber reden. Und es kann uns helfen Wege zu finden, wie wir unsere Partnerschaft stärken können.“
Der Psychotherapeut ermutigt zudem, in dieser Hinsicht ruhig mutig und kreativ zu sein. „Vielleicht verwendet ein Paar einen Massageball, Tücher oder etwas anderes, was ihm den Austausch von Zärtlichkeiten erleichtert. Oder es trifft sich für ein intimes Zusammensein bewusst dann, wenn der Betroffene gut beweglich ist. Erlaubt ist, was beiden gefällt.“ Darüber hinaus ließe sich die Beziehung über gemeinsame Unternehmungen stärken, bei denen Körperkontakt eine wichtige Rolle spielt. „Sexualität bedeutet ja nicht nur, miteinander zu schlafen. Es geht auch darum, sich nah zu sein und sich zu spüren. Miteinander zu tanzen, ist zum Beispiel eine tolle Möglichkeit, die Vertrautheit aufrechtzuerhalten.“
Unterstützung von außen
Wenn Gespräche über sexuelle Wünsche und Bedürfnisse schwer fallen oder auf der Stelle treten, kann Hilfe von außen förderlich sein. Unterstützen können Beratungsstellen wie pro familia oder Paartherapeuten.
Parkinson & Sexualität
Parkinson kann sich auf das sexuelle Empfinden und die sexuellen Funktionen auswirken. Männer berichten mitunter von Erektionsstörungen, vorzeitigem Samenerguss und Schwierigkeiten beim Erreichen des Orgasmus, Frauen von verringerter Erregbarkeit, einer trockenen Scheide und Orgasmusproblemen. „Zudem kann eine eingeschränkte Beweglichkeit manche Stellungen verhindern, Muskelverspannungen können zärtliche Berührungen erschweren“, beschreibt Dr. Uwe Jahnke, Chefarzt der Neurologie an der Schön Klinik in Neustadt. „Die Lust kann auch leiden, wenn die Erkrankung depressive Stimmungen oder Schmerzen mit sich bringt.“ Manche Beeinträchtigungen können von den Parkinson-Medikamenten herrühren. „Eine bestimmte Wirkstoffgruppe etwa kann als Nebenwirkung den Blutdruck senken und eine Potenzstörung beim Mann verstärken“, so der Neurologe. „Eine andere mögliche Folge ist ein gesteigertes sexuelles Verlangen.“ Paare müssen diese Beeinträchtigungen nicht einfach hinnehmen, sondern sollten mit ihrem Arzt darüber sprechen. „Oft kann eine Anpassung der Parkinson-Therapie viel bewirken“, weiß Dr. Jahnke.