Ist die Fahrtauglichkeit überprüft und unbeeinträchtigt, stehen für Betroffene alle Zeichen auf Grün: Sie können mobil bleiben und ihren Alltag flexibler gestalten. Parkinson-Betroffene sind oft unsicher, ob sie noch Auto fahren dürfen. „Verläuft ihre Therapie erfolgreich oder ist ihre Erkrankung sehr leicht, können sie durchaus selbst fahren“, so Neurologe Dr. Joachim Durner. „Da es jedoch keine allgemeingültigen Richtlinien gibt, wird dies immer individuell entschieden.“
Dr. med. Joachim Durner ist ärztlicher Direktor der Abteilungen Neurologie / Geriatrie / Innere Medizin der Fachklinik Ichenhausen
Generell können Beschwerden wie Muskelzittern oder Unbeweglichkeit die Fähigkeit einschränken, ein Fahrzeug zu fahren. Ebenso können die Parkinson-Medikamente sie beeinflussen. Besonders Müdigkeit spiele eine große Rolle, weiß Dr. Durner. „Die Konzentration lässt nach, eventuell ist die Reaktionsfähigkeit eingeschränkt. Auch ein Sekundenschlaf ist möglich. Wechseln Betroffene ihre Medikamente, dürfen sie in dieser Phase nicht Auto fahren.“ Erst wenn der Arzt sein OK dazu gibt, dürfen sie wieder an das Steuer. Alle zwei Jahre gilt es, seine Fahrtauglichkeit ärztlich bescheinigen zu lassen. Das ist nicht nur für die Sicherheit im Straßenverkehr und im Falle eines Unfalls für den Versicherungsschutz wichtig. Die Betroffenen können zudem sorgenfreier und souveräner mobil bleiben.
Die Einschätzung anderer hilft
Seine Fahrtauglichkeit selbst zu beurteilen, ist nicht immer leicht. Hilfreich ist die Einschätzung von Angehörigen und Freunden. Ihnen fällt auf, ob ein Fahrer unsicher oder zu nah an parkenden Autos entlangfährt oder eine rote Ampel erst spät erkennt. „Wenn man selbst merkt, dass man bestimmte Verkehrssituationen nicht mehr richtig einschätzen kann, verzögert wahrnimmt oder langsamer reagiert, ist das ein deutliches Signal, dass die Fahrtauglichkeit eingeschränkt ist“, betont Friedrich-Wilhelm Mehrhoff, Geschäftsführer der Deutschen Parkinson Vereinigung e.V. (dPV). Er hat Kontakt zu vielen Parkinson-Betroffenen und gibt ihnen mit auf den Weg, sich kontinuierlich selbst zu überprüfen und mögliche Gefahrensituationen bewusst zu machen.
Offen mit dem Arzt sprechen
Für eine Beurteilung ist das regelmäßige und ehrliche
unerlässlich. Er macht sich ein Bild über die individuelle Fahrtauglichkeit anhand der medizinischen Untersuchungsergebnisse und des persönlichen Eindrucks aus dem Gespräch. Diese Einschätzung kann mögliche Bedenken klären und Sicherheit schaffen. Gleichzeitig kann der Arzt in diesem Zusammenhang erläutern, welche rechtlichen Regelungen mit Blick auf die persönliche Situation gelten. Die Inhalte dieser Gespräche unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht.Test im Fahrsimulator
Eine ärztliche Bescheinigung reicht für die aktive Teilnahme am Straßenverkehr aus. Wer sich im eigenen Interesse zusätzlich auch praktisch prüfen lassen möchte, kann eine verkehrsmedizinische Untersuchung in einem Fahrsimulator machen. Die Fachklinik Ichenhausen nutzt ein entsprechendes Gerät. „Der Betroffene sitzt wie im Auto auf einem Sitz, hat eine Frontscheibe vor sich und bedient eine Gangschaltung oder ein Automatikgetriebe“, beschreibt Dr. Durner. „Vor ihm wird auf einem Bildschirm eine Autofahrt simuliert. Seine Reaktionsschnelle wird getestet, indem im Film zum Beispiel unerwartet Personen auf die Straße treten. Springen ihm auf einer monotonen Fahrt über Land plötzlich Rehe in den Weg, stellt das seine Langzeitaufmerksamkeit auf die Probe.“ Zu dieser „praktischen Prüfung“ gehören eine medizinische Untersuchung und ein Gespräch mit einem Psychologen. Alle Ergebnisse unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht. Die Kosten liegen bei 450 Euro inklusive der gesetzlichen Bescheinigung. Auch Fahrschulen führen zum Preis einer regulären Fahrstunde Tests durch, die Betroffenen bei der Einschätzung ihrer Fahrtauglichkeit helfen. Wer ein Angebot sucht, erkundigt sich am besten vor Ort nach Schulen oder fragt seinen Arzt. Die Kosten werden – wie beim Fahrsimulator – nicht von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen. Die abschließende Beurteilung, ob jemand ein Auto fahren darf, liegt jedoch immer beim Neurologen.
Friedrich-Wilhelm Mehrhoff ist Geschäftsführer der dPV und betont: „Wer sich nicht fit fürs Steuer fühlt, sollte den Wagen stehen lassen.“
Stress am Steuer vermeiden
Viele Stress- und damit Gefahrensituationen am Steuer lassen sich vermeiden. Auf was es ankommt, hat dPV-Geschäftsführer Friedrich-Wilhelm Mehrhoff zusammengestellt:
- Ein Automatikgetriebe erleichtert das Autofahren, da Sie nicht schalten und kuppeln müssen.
- Ein größerer Rückspiegel eröffnet eine bessere Sicht nach hinten.
- Fahren Sie zu den Zeiten, in denen Sie sich am besten konzentrieren und bewegen können.
- Fahren Sie nicht zu den Hauptverkehrszeiten.
- Nehmen Sie sich nicht zu viel Strecke vor, teilen Sie Fahrten, wenn möglich, in Etappen ein.
- Organisieren Sie für längere Fahrten einen Beifahrer, mit dem Sie sich abwechseln können.
- Vermeiden Sie Nachtfahrten.
- Lassen Sie bei unsicheren Straßenverhältnissen wie Regen oder Glatteis den Wagen lieber stehen.
Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung
Die „Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung“ besagen, dass Betroffene nur unter folgenden Bedingungen selbst fahren dürfen: „[…] Die Fähigkeit, Kraftfahrzeuge der Gruppe 1 sicher zu führen, ist nur bei erfolgreicher Therapie oder in leichteren Fällen der Erkrankungen gegeben. […]“
Quelle: Bundesanstalt für Straßenwesen