Woher die Probleme kommen können und was den Schlaf fördern kann, erklärt der Neurologe Prof. Dr. Karsten Witt aus Oldenburg.
Prof. Witt, was wird als Schlafstörung bezeichnet?
Eine echte Schlafstörung, sprich ein nicht erholsamer Schlaf, äußert sich überwiegend in Tagesmüdigkeit, verminderter Belastbarkeit und Konzentrationsstörungen. Für die Diagnose interpretieren Mediziner vor allem die subjektiv empfundenen Beschwerden, von denen Betroffene berichten. Dabei muss man immer genau schauen, inwieweit tatsächlich der Schlaf der Grund für die Probleme am Tag ist. Denn auch Medikamente können müde machen. Gegebenenfalls liefern Schlafanalysen genauere Erkenntnisse.
Woher kommen Schlafstörungen bei Parkinson?
Sie können ganz unterschiedliche Ursachen haben. Wir kennen jedoch drei große Bereiche: Zum einen kann durch eine zu niedrige Dosierung der Parkinson-Medikamente zu wenig Dopamin im Gehirn vorliegen. Typische Anzeichen dafür sind eine schlechte Beweglichkeit, Muskelverkrampfungen und Muskelzittern in der Wachphase. Zum anderen kann durch eine zu hohe Dosierung der Medikamente zu viel Wirkstoff vorhanden sein. Die Betroffenen sind dann wach, regelrecht aufgedreht, vielleicht auch verwirrt, und leiden unter Überbewegungen. Drittens können die Ursachen direkt mit der Erkrankung an sich zusammenhängen. Dazu gehören zum Beispiel Blasenentleerungsstörungen, die jemanden nachts aus dem Bett treiben, oder unruhige Beine. Letztere treten überdurchschnittlich oft im Zusammenhang mit Parkinson auf.
Informationen darüber, wie der Schlaf gestört ist, liefern damit wichtige Hinweise auf die Ursache?
Genau. Deshalb ist es ein großer Vorteil, wenn Betroffene ihre Beschwerden möglichst präzise schildern können. Wir haben als Unterstützung gute Fragebögen, die auch den Schlaf hinterfragen. Wir bitten die Betroffenen bei uns in der Klinik, den Bogen bereits im Wartezimmer auszufüllen. Im eigentlichen Termin kann ich mir als Arzt dann besser ein Bild machen und auf die wesentlichen Dinge eingehen.
Verändern sich die Beschwerden im Verlauf der Erkrankung?
Ja. Typisch ist, dass Betroffene nachts zunehmend längere Wachphasen haben. Gleichzeitig verschieben sich die Schlafphasen, die der Mensch im Laufe der Nacht mehrmals durchläuft: Die Tiefschlafphase und die REM-Phase, also die Phase, in der wir träumen, verringern sich immer mehr. Insgesamt wird der Schlaf flacher.
Was kann die Nachtruhe verbessern?
Ganz wichtig sind allgemeine Maßnahmen der Schlafhygiene, etwa auf anregende Getränke vor dem Zubettgehen zu verzichten oder tagsüber nicht zu lange zu schlafen. Aufgabe des Arztes ist es, eine Depression auszuschließen, denn Depressionen sind immer mit einem gestörten Schlaf verbunden. Dann gilt es, die Parkinson-Medikation zu optimieren. Man kann zum Beispiel Medikamente mit verzögerter Wirkung verschreiben. Sie wirken weniger stark, aber dafür länger in die Nacht hinein. Damit verbessern sie die Beweglichkeit in den Nachtstunden. Ebenso können sie ein „early-morning-off“ verhindern, das frühe Aufwachen mit verhärteter Muskulatur. Kommt es im Verlauf der Erkrankung in der Nacht zu lebhaften Träumen, Halluzinationen oder Verwirrtheit, können womöglich weitere Wirkstoffklassen zum Einsatz kommen. Hilfreich kann auch sein, im Rahmen einer Komplexbehandlung in der Klinik den Schlaf genauer zu untersuchen und nach Lösungen zu suchen.
ist Direktor der Universitätsklinik für Neurologie am Evangelischen Krankenhaus Oldenburg und Professor für Neurologie an der Universität Oldenburg.