Wirkstoffe in der Parkinson-Therapie
Bei Morbus Parkinson fehlt es im Gehirn an Dopamin. Dieser chemische Botenstoff ist für die Weiterleitung von Nervenimpulsen wichtig. Die orale Parkinson-Therapie mit Medikamenten zielt darauf, den Dopaminspiegel im Gehirn zu erhöhen.
Autor: Petra Sperling | 03/2018
Disclaimer: Der Text ist aus dem Jahr 2014 und wurde seitdem nicht überarbeitet.
Prof. Dr. Christoph Redecker ist Chefarzt der Neurologie am Klinikum Lippe in Lemgo.
Einer der wichtigsten Wirkstoffe und der Goldstandard in der Parkinson-Therapie ist Levodopa, auch L-Dopa genannt. Es ist eine Vorstufe des körpereigenen Dopamins. Über das Blut gelangt es ins Gehirn, wo es in für die Reizweiterleitung benötigtes Dopamin umgewandelt wird. Eine andere Gruppe sind die Dopaminagonisten. Sie sind gewissermaßen perfekte Schauspieler: Sie geben sich als Dopamin aus und ahmen an den Rezeptoren, den „Signalempfängern“ der Nervenzellen, dessen Wirkung nach. „L-Dopa und Dopaminagonisten sind die zwei wichtigsten Säulen in der oralen Parkinson-Therapie“, fasst Prof. Dr. Christoph Redecker zusammen. L-Dopa wird immer zusammen mit einem weiteren Stoff kombiniert: Sogenannte Decarboxylase-Hemmer sorgen dafür, dass es nicht schon im Blut in Dopamin umgewandelt wird, sondern unbeschadet dort ankommt, wo es hingehört – im Gehirn. Daher enthalten die L-Dopa-Medikamente diese Decarboxylase-Hemmer immer in einer fixen Kombination.
Darüber hinaus gibt es zwei wichtige Wirkstoffgruppen, die dafür sorgen, dass der Abbau von Dopamin verringert wird. COMT-Hemmer blockieren ein Enzym, das L-Dopa bereits außerhalb des Gehirns zu unwirksamen Substanzen abbauen würde. MAO-B-Hemmer schalten ein drittes Enzym aus, welches Dopamin im Gehirn abbauen und damit seine Verfügbarkeit einschränken würde.
Veränderungen im Verlauf
Welche Medikamente wann eingesetzt werden, hat sich in den letzten Jahren etwas verändert. „Bei jüngeren Patienten ohne schwere Begleiterkrankungen sahen die Leitlinien vor, in den ersten Jahren der Therapie vorwiegend mit Dopaminagonisten und MAO-B-Hemmern zu behandeln“, erklärt der Neurologe. „L-Dopa wurde in der Frühtherapie erst ab 70 Jahren beziehungsweise bei Vorliegen weiterer schwerer Erkrankungen empfohlen. Das hat damit zu tun, dass dieser an sich sehr gut wirksame Arzneistoff ungewollt schnell zu Wirkschwankungen führen kann, wenn er früh und hoch dosiert eingesetzt wird. Diese Schwankungen äußern sich in Überbeweglichkeit und Muskelverkrampfungen.“ Von dieser strengen Unterteilung ist man in den letzten Jahren abgerückt, stellt Prof. Dr. Christoph Redecker fest. „Man hat gesehen: Eine Dosis von maximal 300–400 Milligramm ist in der Regel auch bei jüngeren Menschen in Ordnung.“
Die Parkinson-Therapie ist immer individuell und wird an die Beschwerden und die Bedürfnisse der Betroffenen angepasst.
Mittlerweile achten die Ärzte zudem auch vermehrt auf die persönliche Lebenssituation der Betroffenen. „Steht zum Beispiel ein 47-Jähriger voll im Beruf und geht es darum, seine Arbeitsfähigkeit zu erhalten, kann er zunächst mit L-Dopa behandelt werden, damit er eine rasche Verbesserung seiner Situation erfährt“, beschreibt der Mediziner. „Dazu kann er relativ zeitnah einen Dopaminagonisten einnehmen, um die Parkinson-Beschwerden weiter zu unterdrücken und im Verlauf wieder L-Dopa einzusparen.“ Welcher Weg der richtige ist, sei letztlich jedoch von Mensch zu Mensch unterschiedlich. „Daher muss eine Parkinson-Therapie immer sehr individuell ausgerichtet und im Verlauf der Erkrankung sorgfältiger angepasst werden“, betont Prof. Dr. Christoph Redecker.
Ein Wirkstoff, verschiedene Formulierungen
Neben herkömmlichen L-Dopa-Tabletten, die in der Regel etwa drei bis vier Stunden wirken, gibt es zwei weitere Formen. Mit ihrer Hilfe kann die Therapie so gesteuert werden, dass möglichst rund um die Uhr Wirkung und Nebenwirkungen in einem guten Verhältnis zueinander stehen.
Lösliche L-Dopa-Tabletten
setzen ihren Wirkstoff sehr schnell frei. Allerdings sinkt der
im Blut ebenso schnell wieder ab. „Man nutzt sie, wenn man rasch einen Effekt erzielen möchte“, erläutert Prof. Christoph Redecker. „Ein guter Zeitpunkt für lösliche L-Dopa-Tabletten ist zum Beispiel der frühe Morgen. Die morgendliche Steifigkeit der Muskulatur nimmt damit rasch ab und die Betroffenen werden schnell wieder beweglich.“Retardierte L-Dopa-Tabletten
setzen ihren Wirkstoff langsam frei (lateinisch retardare = verzögern).
im Blut steigen entsprechend langsam an, bleiben aber über einen längeren Zeitraum erhalten. „Retard-Tabletten werden häufig zur Nacht eingesetzt“, so der Neurologe. „Sie sorgen dafür, dass der L-Dopa Spiegel im Schlaf nicht ganz absinkt.“