PARKOUR: Inwiefern kann die Parkinson-Krankheit den Schlaf beeinträchtigen?
Dr. Kathrin Janitzky: Die Parkinson-Krankheit kann dazu führen, dass Betroffene nachts unterbeweglich sind. Oft kommt es bei einer unzureichenden Wirkung der Dopamin enthaltenden Medikamente auch zu Muskelverkrampfungen und Schmerzen. Sie sind die häufigste Ursache für Durchschlafstörungen und frühmorgendliches Erwachen. Viele leiden auch an einem Restless-Legs-Syndrom: Unruhige Beine vor allem abends und nachts erschweren ihnen das Einschlafen. Parkinson-bedingter Harndrang, mit der Erkrankung verbundene Depressionen oder Halluzinationen und Nebenwirkungen von Parkinson-Medikamenten sind weitere Faktoren, die den Schlaf negativ beeinflussen können. Er kann zudem gestört sein, weil der Körper weniger Melatonin freisetzt. Dieses Hormon steuert den Schlaf-Wach-Rhythmus.
Was verändert sich im Verlauf der Erkrankung?
Wenn die Krankheit bereits länger andauert, die Beweglichkeit stärker eingeschränkt ist und die Parkinson-Medikamente höher dosiert werden, nehmen Schlafstörungen zu. In der Gruppe der Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung leiden z. B. etwa 80 Prozent2 darunter, dass sie nachts häufiger aufwachen.
Können die Probleme auch Parkinson-Vorboten sein?
Ja. Rund 60 Prozent2 der Erkrankten hatten bereits Jahre vor der Diagnose Schlafprobleme. Sehr häufig tritt eine REM-Schlaf-Verhaltensstörung auf: Die Schlafenden haben intensive, mitunter beängstigende Träume, die sie durch Sprechen, Rufen und Bewegungen „ausleben“. Grund für die fehlende Hemmung der Muskulatur im Traumschlaf sind erste Veränderungen im zentralen Nervensystem. Studien zeigen aber auch umgekehrt: Eine schlechte Schlafqualität erhöht das Krankheitsrisiko. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Tiefschlaf. In dieser Phase entsorgt das Gehirn bestimmte Abbauprodukte, die sich tagsüber angesammelt haben. Läuft dieser Prozess nur unzureichend ab, weil der Schlaf gestört ist, kann das den Verlust von Nervenzellen als Ursache der Parkinson-Erkrankung verstärken.
Welche Folgen haben schlechte Nächte?
Schlafstörungen bewirken Tagesmüdigkeit, was zum Beispiel auch Auswirkungen auf die Fahr-tüchtigkeit haben kann, und schlagen auf die Stimmung. Nach einer nicht erholsamen Nacht fehlt Energie und es sinkt die Motivation, sich zu bewegen. Bewegung ist jedoch wichtig, um krankheitsbedingte motorische Verschlechterungen aufzuhalten. Schlechter Schlaf erhöht zugleich das Sturzrisiko. Auch die geistige Leistungsfähigkeit kann beeinträchtigt sein. Führen Schlafstörungen zu depressiven Entwicklungen und sozialem Rückzug, kann das die Schlafproblematik weiter verstärken.
Informationen über nicht-orale Folgetherapien auf www.parkour-magazin.de
Wie lässt sich die Schlafqualität möglichst objektiv feststellen?
Etabliert ist der Fragebogen „Parkinson Disease Sleep Scale 2 (PDSS-2)“. Er fragt nach allen häufigen Ursachen von Schlafstörungen bei der Parkinson-Krankheit und nach der Schwere von Symptomen innerhalb der letzten Woche. Zur Beurteilung der Tagesmüdigkeit nutzen Ärztinnen und Ärzte als kurzen Fragebogen die Epworth Schläfrigkeitsskala (ESS). Eine Untersuchung im Schlaflabor ist insbesondere sinnvoll, wenn Verdacht auf ein gleichzeitig bestehendes obstruktives Schlafapnoesyndrom besteht. Bei dieser Erkrankung kommt es während des Schlafs zu wiederholten Atemaussetzern.
Was kann die Nachtruhe verbessern?
Je nach individueller Situation optimiert man zunächst die orale Parkinson-Therapie. Bei Problemen wie nächtlicher Unterbeweglichkeit können auch Retard-Präparate hilfreich sein, die zur Nacht eingenommen werden. Sie geben ihren Wirkstoff verzögert ab und wirken länger. Lassen sich die nächtlichen Bewegungsstörungen, die die Schlaflosigkeit verursachen, nicht mehr gut mit Tabletten behandeln, kommen nicht-orale Therapien zur Anwendung. Studien zeigen, dass alle vorhandenen Therapieoptionen auch den Schlaf verbessern können. [ ps ]
Sprechen Sie über Schlafprobleme!
„Studien belegen, dass schlechter Schlaf die Lebensqualität reduziert. Sprechen Sie daher mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt, wenn sie unter Schlafstörungen leiden“, motiviert die Neurologin Dr. Kathrin Janitzky. „Oft wird die Parkinson-Krankheit als reine Bewegungsstörung gesehen. Medizinerinnen und Mediziner wissen jedoch, dass Betroffene vor allem unter nicht motorischen Symptomen wie Schlafstörungen leiden. Je nach individueller Problemlage gibt es verschiedene hilfreiche Therapieansätze. Sie können aber nur zum Tragen kommen, wenn Ihre Ärztin oder Ihr Arzt von Ihren Schlafproblemen weiß.“
Dr. Kathrin Janitzky ist Oberärztin an der Universitätsklinik für Neurologie Oldenburg.
1 Parkinson Stiftung, Studie von F. Sixel-Döring und C. Trenkwalder (Nervenheilkunde 2012; 31(12): 889-895 DOI: 10.1055/s-0038-1628248) und der Deutschen Parkinson Vereinigung (DPV) e. V.
2 Barone P, Antonini A, Colosimo C, et al; PRIAMO study group. The PRIAMO study: A multicenter assessment of nonmotor symptoms and their impact on quality of life in Parkinson’s disease. Mov Disord. 2009 Aug 15;24(11):1641-9. doi: 10.1002/mds.22643. PMID: 19514014.