Ausgabe 11

Mails aus der Laube

Seit einem Jahr ist er so gut wie erscheinungsfrei. Das sollte er feiern, denkt sich Daniel Tenbrake. Mit der Partnerin jubeln. Die beiden kleinen Kinder in den Himmel werfen und es laut rausrufen: Ich habe fast nichts mehr auf der Haut! Es ist Nachmittag, Arbeitszeit. Der IT-Berater sitzt in seinem Schrebergarten, über dem sich ein Sommergewitter grollend verzieht. Manchmal tauscht der 47-Jährige das Büro mit der grünen Oase im Hamburger Stadtteil Alsterdorf. An den „persönlichen“ Festtag hat Daniel eigentlich gar nicht gedacht. Erst als er seiner Dermatologin schnell noch ein Hautbild für die Therapiekontrolle mailen will, poppt das Datum der ersten Biologika-Behandlung auf dem PC auf.

Daniel früher
Fest im Griff: Früher bedeckten Schuppen große Teile des Körpers von Daniel Tenbrake.

Die Therapie startet

„Innerhalb von Tagen waren die Plaques weg“, erinnert sich Daniel und reckt die Arme. Wo sich früher Schuppungen von der Beuge rundum bis zu den Fingern zogen, ist nichts mehr entzündet. Auch die Haut an Kopf, Rücken, Bauch, Po und Beinen ist völlig frei. Nichts geschwollen. Nichts schmerzt. Nur noch hier und da zeigen sich kleine, braune Flecken. Wie Sommersprossen. Oder die Punkte von Marienkäfern, grinst Daniel. So würden seine Kids ihn necken.

Leicht berührt er seine Hand, als ob der Zauber verschwinden könnte. „Mein Leben hat sich schon extrem verändert“, erzählt der schlanke Mann mit dem Dreitagebart, der mit 22 Jahren nach einer Mandelentzündung schwer an Psoriasis erkrankt. Er klopft auf den Laptop, der zu dem gelernten Programmierer gehört wie Jeans und Sneaker. Fotos von befallenen Körperstellen, Excel-Listen mit Behandlungen oder Artikel zu Hautpflege und Ernährung: Präzise hat Daniel Tenbrake zwei Jahrzehnte Leben mit Psoriasis dokumentiert. Jeder Klinikbesuch, jede Therapie sind gelistet. Peinlich sei ihm die Krankheit aber nie gewesen, und sie habe ihn auch nie fertiggemacht oder die Ehe belastet, sagt der gebürtige Düsseldorfer.

Doch ein Tag ohne Schuppen fehlt in der Biografie – bis vor 16 Monaten! Mitte 2022 folgte Daniel der Empfehlung von Dr. Julia Maerker-Stroemer, ein Biologikum zu testen. Seitdem rieseln keine Schuppen mehr wie Schnee im arktischen Winter. Und Ärztin sowie Patient sehen sich nur noch selten. „Wir wollten eine deutliche Verbesserung von Krankheit und Lebenssituation“, erklärt die 54-jährige Dermatologin, die in einer Gemeinschaftspraxis im Norden der Hansestadt praktiziert. Etwa 600 Patientinnen und Patienten mit Psoriasis werden dort pro Jahr behandelt, ein gutes Drittel blockiert die Entzündung mit biotechnologisch hergestellten Medikamenten.

Daniel mit seiner Ärztin
„Wir sind bei der digitalen Dermatologie erst am Anfang der Entwicklung.“ Dr. Julia Maerker-Stroemer.

Einfache virtuelle Kontrolle

Einer davon ist Daniel Tenbrake. Weil er so gut wie erscheinungsfrei ist, muss er nur noch alle drei Monate etwa für den Blutwerte-Check vorbeikommen. Wie die Therapie wirkt, wird alle paar Wochen virtuell kontrolliert. Dafür macht Daniel Fotos von Hautstellen, jeweils Übersichtsbilder und Nahaufnahmen, lädt sie hoch und versendet sie per Mail. „Das ermöglicht mir eine schnelle und genaue Ferndiagnose“, sagt Julia Maerker-Stroemer. Auch den sogenannten DLQI-Fragebogen zur Messung der Lebensqualität erhält sie von Daniel nur noch online. Die zehn Fragen, wie sehr die Schuppenflechte das Leben beeinflusst, sind fix angekreuzt und abgeschickt.
„Digitale Dermatologie kann den persönlichen Kontakt nicht ersetzen, aber ergänzen und damit die individuelle Versorgung verbessern“, sagt Maerker-Stroemer, die immer mehr Interesse an ihrer Online-Sprechstunde registriert. „Wer veränderte Haut hat, bekommt online eine reelle Chance auf eine fachärztliche Diagnose. Und zwar, ohne lange zu warten“, begründet die Dermatologin, die meist fix auf Anfragen reagiert und diese innerhalb von 48 Stunden beantwortet. Kürzere Diagnosen seien in der Regel in fünf Minuten geschrieben, für längere würde sie 15 Minuten kalkulieren. Zeit, die sich laut Julia Maerker-Stroemer lohnt: „Ich kann genaue Diagnosen treffen, das Vorgehen klären, aber auch Therapieverläufe engmaschig überwachen. Und Patienten kommen wirklich schnell und einfach an Befunde.“

Daniel arbeitet im Garten

Weniger Zeit und Stress

Eine ganze Reihe von gesetzlichen und Betriebskrankenkassen übernehmen mittlerweile die Kosten für Online-Sprechstunden: Dazu gehören die Techniker, die Debeka BKK oder auch die AOK Bayern und Baden-Württemberg. Ansonsten müssen etwa bei der Plattform „Online Doctor“, die bislang mit bundesweit rund 500 Dermatologinnen und Dermatologen kooperiert, knapp 39 Euro bezahlt werden. Privatversicherte erhalten eine gleich hohe Rechnung, die sie dann ihrer Versicherung einreichen können. Angesichts der Vorteile, die digitale Dermatologie bietet, dürfte es nicht mehr lange dauern, bis alle gesetzlichen Krankenkassen hierzulande digitale Hautchecks als Leistung anbieten.

Wie hilfreich die virtuelle Konsultation vor allem aus der Sicht von chronisch Kranken ist, bestätigt Daniel Tenbrake. Nach dem Therapiestart in der Praxis vor einem Jahr kann er nun Infos, Fragen oder Daten jederzeit und von jedem Ort aus abschicken. Ob bei Kundenprojekten im Ausland, abends zu Hause oder im Home-Office Schrebergarten: „Weil ich Routinedinge nur noch online abwickle, spare ich viel Zeit und bin flexibler als früher. Das reduziert Stress und macht mein Leben leichter“, berichtet Daniel, der auch eine Smartphone-App für das Therapiemanagement nutzt. Da die regelmäßigen Biologika-Injektionen nie nacheinander an die gleiche Stelle am Bauch oder an den Oberschenkeln gesetzt werden sollten, baut Daniel auf ein digitales Gedächtnis, das die Einstichorte erfasst und damit die Rotation der Spritzen erleichtert.

Sicherheit und Vorteile zählen

„Die App ist kostenlos und bietet eine ganze Menge“, sagt der IT-Experte. Man könne sich an Salben oder Medikamente erinnern lassen, Termine einpflegen oder ein Tagebuch mit Symptomen führen. Gerade hat er die Arbeit für heute erledigt, nimmt die Kopfhörer aus dem Ohr und verstaut den PC. Kurz noch die Hainbuchenhecke schneiden und die Laube aufräumen. Dann steht Daniel Tenbrake entspannt an einem knorrigen Baum und lauscht einer Amsel, die im Nachbargarten aufgeregt flötet. Digitale Technologien, Big Data und Künstliche Intelligenz, da ist sich der IT-Experte sicher, dürften das Gesundheitswesen schon bald massiv verändern. „Solange es mir wirklich hilft und die Sicherheit meiner Daten garantiert ist, bin ich offen für Innovationen“, sagt Daniel und schaut dabei auf seine Hände, auf denen nicht mehr eine Schuppe zu sehen ist.

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