Leben im Campervan mit Migräne: Wie ich unterwegs Trigger vermeide und Ruhe finde
Moin aus Rendsburg! Ich bin 39 Jahre alt, habe BWL studiert und viele Jahre in einer Bank gearbeitet. Seit 2021 bin ich aufgrund meiner chronischen Migräne voll verrentet – eine Lösung, die allerdings nur in seltenen Fällen in Betracht kommt und meist den letzten Ausweg darstellt. Ein Schritt, der mein Leben komplett verändert hat. Heute lebe ich im Van. Nicht für den Urlaub, nicht für ein paar Wochen Sommerflucht, sondern als dauerhafte Lebensform. Ich verbringe mein Leben im Van gemeinsam mit meinen beiden Hunden Henriette und Kasimir.
In diesem Beitrag möchte ich meine Erfahrungen teilen: Wie lebt und reist man mit chronischer Migräne im Van? Welche Herausforderungen bringt diese Kombination mit sich und welche ungeahnten Vorteile?
Vanlife mit Migräne: Den Reizen des Alltags entfliehen
Viele stellen sich die Frage: Wie kann man mit einer stark einschränkenden Krankheit wie Migräne überhaupt reisen, geschweige denn im Van leben? Und das allein mit zwei Hunden?
Die ehrliche Antwort: Es ist nicht immer einfach, aber es ist möglich. Und für mich persönlich eine große Erleichterung. Mit der Zeit habe ich Wege gefunden, die Migräne in mein Leben zu integrieren, statt mein Leben um sie herumzubauen. Der Van ist dabei zu meinem sicheren, flexiblen und heilsamen Rückzugsort geworden, an dem ich den vielen Reizen des Alltags entfliehen kann.
Versuche, die Migräne auch im Urlaub in deinen Alltag zu integrieren.
Im Campervan habe ich gelernt, auf meinen Körper zu hören
Ich kann der Hitze entkommen – meinem stärksten Migräne-Trigger
Hitze, stickige Luft, intensive Gerüche und Stress – das sind meine größten Auslöser von Migräneattacken. Der Sommer war für mich lange Zeit eine Qual. Doch im Van kann ich diesen Reizen gezielt aus dem Weg gehen. In diesem Jahr war ich z. B. an der kühlen Atlantikküste Nordfrankreichs, im schattigen Harz und im Frühjahr in Andalusien unterwegs. Besonders Tarifa hat es mir angetan – für mich ein echter Kraftort. Mein Van ist gut durchdacht: Viele Fenster sorgen für Lüftung und eine vollständige Verdunkelung ist auch jederzeit möglich – ein Segen bei Migräneattacken. So kann ich viele meiner Trigger im Alltag gezielt vermeiden.
Trigger vermeiden: Ruhe, Natur und bewusste Entschleunigung
Reizüberflutung, Lärm, grelles Licht oder Gerüche – all das kann bei mir Migräneattacken auslösen. Darum habe ich meinen Alltag im Van bewusst entschleunigt. Ich meide große Campingplätze und suche über spezielle Apps ruhige, naturnahe Stellplätze. Mein Tag sieht meist so aus: Kaffee am Morgen, ausgewogene Ernährung, Spaziergänge mit meinen Hunden, manchmal eine Netflix-Serie, Telefonate mit Freunden, die Natur beobachten. Dieser einfache, ruhige Alltag hilft mir, Reize zu meiden, meine Migräne besser zu kontrollieren oder zumindest die Intensität der Attacken zu verringern.
Ein kühler, reizarmer Ort in der Natur und ein ruhiger, geregelter Tagesablauf können dir dabei helfen, Migräne-Trigger zu vermeiden.
Mein Rückzugsort ist immer bei mir
Wenn eine Migräneattacke kommt, zählt jede Minute. Ich muss mich nicht erst auf den Heimweg machen – mein reizarmer Rückzugsort fährt immer mit mir mit. Bei den ersten Anzeichen habe ich eine feste Routine: Noch mal kurz mit den Hunden raus, den Van komplett abdunkeln, Fenster öffnen für frische Luft, Medikamente einnehmen, ein Hörbuch an zur Ablenkung, Schlafmaske auf, hinlegen, loslassen, durchhalten und hoffen, dass es nicht schlimmer wird. Diese Struktur gibt mir Sicherheit. Ich bin vorbereitet, egal wo ich gerade bin. Und allein das verringert den inneren Stress, der sonst häufig zur Eskalation einer Attacke führt.
Reisen im eigenen Tempo
Ich plane meine Strecken immer so, dass ich maximal 150 km pro Tag fahren muss. Ich fahre langsam, auf der rechten Spur, und vermeide Stoßzeiten. Oft checke ich vor der Abfahrt die Verkehrslage: Stau in Sicht? Dann bleibe ich stehen, warte oder fahre eine Ausweichroute. Diese Freiheit, spontan und stressfrei zu entscheiden, ist für mich unbezahlbar – besonders weil Stress einer meiner stärksten Trigger ist.
Höre auf das, was dir guttut – und sei vorbereitet, wenn sich eine Migräneattacke ankündigt. Dein Rückzugsort und eine feste Routine geben dir Sicherheit.
Van-Alltag mit Migräne hat auch Schattenseiten
Auch wenn das Leben im Campervan für mich viele Vorteile bietet, ist es nicht immer nur romantisch oder einfach. Es gibt Tage, da ist es schwer.
Kein fester Ort, kein fester Rhythmus
Auch wenn ich mehrere Tage auf einem Stellplatz bleibe, schwingt oft ein innerer Druck mit: „Du solltest langsam weiter …“ Dabei müsste ich gar nicht. Aber dieses Gefühl, keinen festen Wohnort zu haben, kann auf Dauer ermüdend sein und auch etwas traurig machen.
Viel Planungsaufwand
Ich muss regelmäßig neue Stellplätze finden und dabei auf viele Aspekte achten: Sie sollen ruhig und abgeschieden liegen, gleichzeitig müssen sie hundefreundlich sein – Henriette und Kasimir sind schließlich immer dabei. Auch Strom, Wasser und Entsorgungsmöglichkeiten sind wichtig. Und bezahlbar muss der Platz ebenfalls sein. Das alles zu recherchieren, bedeutet oft lange Bildschirmzeiten, und genau die können bei mir Migräneattacken auslösen – besonders an Tagen, an denen die Konzentration ohnehin schwerfällt.
Einsamkeit und Heimweh
Ab und zu vermisse ich meine Freunde, meine Mutter, die vertrauten Orte. Etwa alle drei bis vier Wochen fahre ich in die Heimat. Dort stauen sich dann viele Dinge: Arzttermine, Medikamente besorgen, Post erledigen, Papierkram abarbeiten. All das geballt, oft in wenigen Tagen. Das kann schnell überfordern und die Migräne anfeuern. Selbsteinschätzung, dass ich mir nicht zu viele Termine auflade, ist dann an der Tagesordnung. Und trotzdem: Im Van zu leben ist die beste Entscheidung meines Lebens!
Erkenne deine Belastungsgrenzen frühzeitig – und plane bewusst Pufferzeiten ein. Du hast dein eigenes Tempo.
Fazit: Alltag im Van trotz (oder wegen?) Migräne
Früher war Reisen für mich mit Druck verbunden: Ich wollte in kurzer Zeit viel erleben oder mich besonders schnell erholen. Beides funktioniert mit chronischer Migräne nicht.
Heute bedeutet Reisen für mich:
- Freiheit, den Ort zu wechseln, wenn etwas nicht passt
- Entschleunigung, um meine Gesundheit zu schützen
- Selbstbestimmung, was ich wann brauche
Ich kann jeden Tag neu entscheiden, wie viel ich mir zumuten möchte. Und genau diese Möglichkeit macht das Leben im Van für mich zur besten Reiseform – trotz, oder vielleicht gerade wegen meiner Krankheit.
Meine persönliche Migräne-Routine unterwegs
Ich habe über die Jahre gelernt, meine Migräne nicht zu bekämpfen, sondern mich mit ihr im Alltag zu arrangieren. Wenn eine Migräneattacke kommt, läuft ein Notfallprogramm ab. Ich sage alle Termine ab, somit habe ich keine Verpflichtungen mehr und versuche mir keine Selbstvorwürfe zu machen. Ich habe aufgehört, mich für schlechte Tage zu verurteilen. Das war ein langer Weg, aber es war einer der wichtigsten.
Du lebst mit Migräne und träumst vom Reisen?
Ich hoffe, mein Einblick ermutigt dich. Nicht alles ist möglich, aber vieles ist anpassbar. Ob Teilzeit-Vanlife, kurze Auszeiten oder Wochenendtrips – du musst nicht auf Reisen verzichten.
Danke fürs Lesen!
Und wenn du jemanden kennst, den dieser Beitrag inspirieren könnte, leite ihn gerne weiter. Leben mit Einschränkungen heißt nicht Stillstand. Es heißt: Neue Wege finden.
Mehr Inspiration findest du auf Instagram!
Eure Lena