Tipps für Eltern: Machen Sie sich mit Morbus Crohn vertraut
Wenn bei Ihrem Kind Morbus Crohn festgestellt wird, ruft das oftmals Verunsicherung in der ganzen Familie hervor. Was bedeutet die Erkrankung für mein Kind? Warum hat es Morbus Crohn bekommen? Wie sieht die Behandlung aus? Welche Veränderungen in unserem Tagesablauf stehen uns bevor? Einige dieser Fragen haben wir bereits im Kapitel „Was ist Morbus Crohn bei Kindern und Jugendlichen?“ beantwortet.
Grundsätzlich gilt: Je mehr Sie als Eltern über Morbus Crohn bei Kindern und Jugendlichen wissen, desto besser können Sie auch Ihrem Kind die Sicherheit und Zuversicht vermitteln, die es jetzt so dringend braucht. Zunächst aber stehen Sie, genauso wie Ihr Kind, vor der Herausforderung, das Leben mit Morbus Crohn anzunehmen. Aus medizinischer Sicht steht bei Ihrem Kind jetzt die frühzeitige und individuelle Behandlung im Mittelpunkt. Jeder Mensch ist anders – und genauso verläuft Morbus Crohn individuell verschieden und wird in seinen Auswirkungen auch unterschiedlich erlebt.
Morbus Crohn ist eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung (CED), die meist in Schüben auftritt. In Deutschland sind rund 300.000 Menschen davon betroffen. Ihre Familie ist also nicht allein mit dieser Diagnose. Bei bis zu einem Viertel der Menschen mit Morbus Crohn zeigt sich die Erkrankung bereits im Kinder- oder Jugendalter. Die Entzündung tritt meist beim Übergang vom Dünndarm zum Dickdarm auf. Sie kann aber auch den gesamten Verdauungstrakt, vom Mund bis zum After, betreffen. Zudem kann sie bei Kindern und Jugendlichen das Wachstum stören und die Pubertät hinauszögern.
In den letzten Jahren ist Morbus Crohn bei Kindern und Jugendlichen in den westlichen Industrieländern immer häufiger aufgetreten. Inzwischen ist fast jeder dritte Mensch mit Morbus Crohn bei der Diagnose jünger als 10 Jahre. In seltenen Fällen können aber auch Kleinkinder Morbus Crohn bekommen. Während es bei den Erwachsenen Männer und Frauen gleich häufig trifft, bekommen es bei den Jugendlichen unter 15 Jahren häufiger Jungen damit zu tun.
Typische Merkmale bei Morbus Crohn
Vielleicht haben auch Sie bemerkt, dass sich Ihr Kind in letzter Zeit irgendwie schlapper und müder gefühlt hat als sonst. Und auch, dass es immer häufiger Bauchschmerzen, Durchfall und Fieber hatte – und an Gewicht verlor. Anfangs traten die Beschwerden vielleicht nur ein paar Tage lang auf, später aber zogen sie sich über vier Wochen und länger hin.
Zunächst ist es dann wichtig, dass sich Ihr Kind von einem Hausarzt untersuchen lässt und ihm alle Symptome schildert. Falls dieser den Verdacht bestätigt, dass es sich bei Ihrem Kind um die Diagnose Morbus Crohn handeln könnte, wird er Ihr Kind an einen entsprechenden Spezialisten für den Darm, den sogenannten Kindergastroenterologen überweisen. Achten Sie dabei darauf, dass Ihr Kind sich bei dem Fachmann wohlfühlt und ihm vertraut. Immerhin wird es eine lange Zeit unter seiner Obhut stehen.
Da diese chronische Entzündung nicht von selbst verschwindet und der Darm Ihres Kindes dadurch seine Funktionen möglicherweise nicht mehr ausreichend erfüllen kann, ist es wichtig, möglichst schnell mit der Behandlung zu beginnen. Zum Glück gibt es heute gute Therapiemöglichkeiten für Kinder und Jugendliche mit Morbus Crohn. Eine Ernährungstherapie und die richtigen Medikamente können helfen, die Symptome zu lindern und den Verlauf der Erkrankung zu mildern.
Ein offener Umgang hilft der ganzen Familie
Sich mit dem Morbus Crohn Ihres Kindes vertraut zu machen, ist genauso wichtig wie ein offener Umgang mit der Erkrankung innerhalb Ihrer Familie. Klären Sie Ihr Kind – altersgerecht und gemeinsam mit dem Arzt – über die Erkrankung auf, sodass es versteht, was in seinem Körper geschieht, und in der Lage ist, andere darüber zu informieren.
Schenken Sie Ihrem Kind zudem immer ein offenes Ohr, wenn es mit Ihnen über sein Befinden sprechen möchte. Doch stecken Sie auch selbst nicht zurück, wenn es darum geht, Ihre eigenen Gefühle zu äußern. Wenn Ihr erkranktes Kind Geschwister hat, sollten Sie auch diese mit einbeziehen und ihnen erklären, was es mit Morbus Crohn auf sich hat. Grund: Wenn sich nur noch alles um das erkrankte Kind dreht, könnten sich Geschwister übersehen und ausgeschlossen fühlen. Wenn Sie die Geschwister aber schon früh mit einbinden, sie um Mithilfe bitten und ihnen klarmachen, dass sie genauso wichtig sind und geliebt werden wie das erkrankte Kind, können solche Spannungen verhindert werden. Zudem kann es helfen, wenn Sie sich hin und wieder nur Zeit für jedes einzelne Ihrer Kinder allein nehmen.
Aktive Aufklärung im Umfeld und in der Schule
Denken Sie auch daran, Freunde, Mitarbeiter im Kindergarten oder Lehrer über die Erkrankung Ihres Kindes zu informieren. Viele Menschen wissen nicht, was Morbus Crohn ist und dass auch Kinder und Jugendliche betroffen sein können. Das kann zu Vorurteilen und verletzenden Reaktionen führen. Schaffen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind Verständnis dafür, warum es in manchen Situationen nicht mithalten kann oder bevorzugt behandelt wird. Andere über Morbus Crohn zu informieren kann helfen, dass diese die Situation besser verstehen und entsprechend reagieren. Natürlich sollten Sie als Eltern je nach Situation abwägen, was Sie wann und mit wem besprechen wollen.
Es kommt nicht selten vor, dass gerade andere Kinder und Jugendliche ihre Unwissenheit durch unpassende Kommentare zum Ausdruck bringen. Das kann in der Schule passieren, wenn es zu Fehlzeiten kommt, Ihr Kind bestimmtes Essen nicht verträgt oder mitten im Unterricht die Toilette aufsuchen muss. Überlegen Sie sich gemeinsam mit Ihrem Kind, wie es sich in solchen Situationen verhalten kann. Wenn es auf so eine Situation vorbereitet ist, fühlt es sich selbstsicherer und kann besser darauf reagieren.
Geben Sie dabei Ihrem Kind die folgenden drei wichtigsten Botschaften mit auf den Weg:
- Meine chronisch-entzündliche Darmerkrankung ist nicht ansteckend.
- Ich bin nicht schuld an meiner Erkrankung.
- Mit der richtigen Medizin kann ich ein (fast) normales Leben führen.
Überbehütung vermeiden – Freiräume lassen
Lassen Sie sich nicht entmutigen, auch wenn Sie und Ihr Kind aufgrund seiner Erkrankung hin und wieder im Alltag beeinträchtigt werden. Es ist klar, dass Sie sich Sorgen um Ihr Kind machen, aber versuchen Sie nicht, es ständig zu schützen und ihm alles abzunehmen. Das könnte bei Ihrem Kind Frust und Trotz auslösen. Auf dem Weg zum Erwachsenwerden ist es besser, wenn Ihr Kind Schritt für Schritt den selbstständigen Umgang mit seiner Erkrankung lernt – ohne dabei auf Ausgelassenheit und Freude verzichten zu müssen. Versuchen Sie darum, Ihrem Kind gegenüber eine optimistische Haltung einzunehmen und ihm Freiräume zu schenken.
Stärken Sie Ihr Kind, indem Sie ihm Verantwortung übertragen
Jede neue, ungewohnte Situation bietet auch die Chance, daran zu wachsen. Ihr Kind etwa lernt durch seine Erkrankung, viel mehr Verantwortung für sich selbst zu übernehmen – erst recht, wenn Sie es aktiv bei seiner Behandlung miteinbeziehen. Überlegen Sie etwa gemeinsam, wann im Laufe des Tages der passende Zeitpunkt für die Einnahme seiner Medikamente ist. Lassen Sie Ihr Kind Termine beim Arzt selbst vereinbaren. So lernt es, sich selbst zu organisieren, und gewinnt an Selbstvertrauen.
Vergessen Sie Ihre eigenen Bedürfnisse nicht
Kinder reagieren sensibel auf die Stimmung ihrer Eltern. Wenn Ihr Kind spürt, dass es Ihnen gut geht, nimmt ihm das die Verantwortung, sich um Sie zu sorgen. Seine Erkrankung gehört nun zu Ihrer Familie, aber sie soll nicht zum Mittelpunkt werden. Sorgen Sie dafür, dass Sie auch weiterhin Dinge tun, die Ihnen guttun und Sie stärken.
Erfahrungsaustausch mit anderen Eltern
Auch andere Eltern sind in einer ähnlichen Situation wie Sie. Vielleicht hilft es Ihnen, mit anderen Betroffenen zu sprechen: Viele Selbsthilfeorganisationen bieten neben informativen Internetseiten auch regelmäßig Treffen für Eltern an, die Sie besuchen können. Unter der Rubrik Links & Broschüren finden Sie interessante Adressen.