Leben und Lieben mit Morbus Bechterew
Sie haben die Diagnose Morbus Bechterew erhalten und fragen sich, ob das auch Auswirkungen auf Ihre Partnerschaft hat? Ja – das kann durchaus passieren. Viele Paare wachsen dadurch aber noch enger zusammen.
Die Diagnose Morbus Bechterew kann eine Beziehung ganz schön aus der Balance bringen. Plötzlich verändern sich eingespielte Rollen, geplante Projekte, das ganze Miteinander. Offen und ehrlich im Gespräch zu bleiben kann helfen, in die neue Situation hineinzuwachsen und das Gleichgewicht wiederzufinden.
Hinweis:
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir im Text nur den Begriff „Partner“. Selbstverständlich sind Partnerinnen und Partner gemeint.
Wer wünscht sich nicht eine gute Beziehung und ein ausgeglichenes Sexualleben? Schließlich gehen damit Energie, Geborgenheit und jede Menge Wohlgefühl einher.
Doch bei Bewegungseinschränkungen und Schmerzen ist es mit der Liebe oder der Lust manchmal so eine Sache. So kann es durchaus sein, dass Sie sich durch Ihren Morbus Bechterew manchmal lustlos und müde fühlen.
Das kann in Ihnen widersprüchliche Gefühle auslösen: Einerseits wollen Sie Ihrem Partner vielleicht nicht zur Last fallen, andererseits wünschen Sie sich aber auch Verständnis und Trost von ihm – und zwar mehr denn je.
Auch Ihr Partner kann in eine Zwickmühle geraten: Denn das richtige Maß zwischen Fürsorge und Überbehütung zu finden, ist nicht immer einfach. Wie viel soll er Ihnen abnehmen? Und wann fühlen Sie sich nicht mehr unterstützt, sondern regelrecht „bemuttert“? Bis er ein Gefühl und ein Bewusstsein dafür entwickelt, kann einige Zeit vergehen.
Damit es erst gar nicht zur Rollenaufteilung des Abhängigen und des Unabhängigen in Ihrer Beziehung kommt, ist eine gute Kommunikation das A und O. Dadurch lässt sich am besten eine Beziehung auf Augenhöhe weiterführen. Vielleicht denken Sie aber auch: Wenn mein Partner mich liebt, dann sollte er doch auch ohne Worte spüren, was ich brauche. Das ist aber ein verbreiteter Irrglaube in Beziehungen. Keiner kann wissen, was Sie denken. Viele Spannungen und Missverständnisse in Beziehungen könnten durch eine ehrliche und offene Kommunikation schon im Vorwege vermieden werden.
Sprechen Sie darum mit Ihrem Partner und sagen Sie ihm, wie viel Hilfe Sie sich wünschen und wann es Ihrer Ansicht nach genug ist. Scheuen Sie sich nicht, Ihre Wünsche zu äußern. Und auch Ihr Partner profitiert von solchen Gesprächen – denn sie helfen auch ihm dabei, seine Bedürfnisse, etwa nach Freiheit und Rückzug, zu schützen.
Freiräume schaffen
Sorgen Sie auch dafür, dass jeder in Ihrer Beziehung regelmäßig Zeiten ohne den Partner verbringen kann. In guten Beziehungen wechseln sich Nähe und Distanz ab. Jeder kann auch seinen eigenen Interessen und Hobbys nachgehen und sich mit Freunden treffen. Phasen ohne den anderen stärken die Beziehung und schenken ihr neue Impulse und Inspirationen. Und dann sind wieder gemeinsame Unternehmungen dran.
Als Paar sollten Sie zudem darauf achten, dass die Erkrankung nicht die ganze Zeit Ihre Beziehung bestimmt. Das bedeutet nicht, Ihre Krankheit zu ignorieren, aber es gibt auch noch andere Dinge in Ihrem Leben – und die gilt es auch wahrzunehmen und zu genießen: Urlaub, Restaurant-, Theater- und Kinobesuche, Treffen mit Familie und gemeinsamen Freunden. Danach gilt es auch immer wieder, im Alltag genügend Zeit für Erholung einzuplanen. Das fördert die Ausgeglichenheit und stärkt das harmonische Miteinander.
Romantische und ungestörte Momente
Durch gemeinsame sinnlich-sexuelle Erlebnisse erneuern Sie immer wieder Ihre Verbindung und Liebe und können kleine Krisen und Beziehungsprobleme besser überstehen. Klar kann es Zeiten geben, in denen Sie überhaupt nicht über Sexualität nachdenken mögen, sobald Ihnen der entzündete Rücken weh tut. Vielleicht sind Sie auch einfach zu müde für Zweisamkeit. Das sind aber nur Phasen und kein Grund, sich komplett von Zärtlichkeit in Ihrer Partnerschaft abzuwenden.
Ja, es kann schwer fallen, über sexuelle Bedürfnisse oder Probleme mit der Libido zu sprechen – aber ein Gespräch, zum Beispiel mit Ihrem Rheumatologen, bietet auch die Chance, Lösungen zu finden. Tatsache ist: es gibt viele Ursachen, die zu Lustlosigkeit führen können. Und Ihr behandelnder Arzt kann nicht nur bei Ihrem entzündeten Rücken, sondern auch bei sexuellen Problemen helfen. Grund: Störungen der Sexualität können sowohl durch die Krankheit selbst verursacht sein als auch durch eventuelle Nebenwirkungen verschiedener Medikamente.
Gemeinsam neue Wege ausprobieren
Sie tun zudem gut daran, sich aus früheren Verhaltensmustern zu lösen und die Sexualität den aktuellen körperlichen und psychischen Gegebenheiten anzupassen. Auch hier gilt es, das offene Gespräch zu suchen – diesmal mit dem Partner. Machen Sie sich beide klar, dass Sexualität viele Facetten hat und sich nicht nur auf den Geschlechtsverkehr beschränkt. Schmusen, berühren, streicheln – auch das kann an- und aufregend sein, das Liebesleben bereichern und die Verbindung zwischen beiden Partnern stärken.
Zeit für Zärtlichkeit nehmen
Es gibt immer gute und schlechte Tage. Erzwingen Sie nichts, wenn Sie starke Rückenschmerzen haben oder einfach nur ausruhen möchten. Das ist ganz normal. Bitten Sie Ihren Partner vielleicht um eine sanfte Kopfmassage, eine Tasse Tee, entspannende Musik. Und sobald es Ihnen wieder besser geht, nutzen Sie die Momente, in denen Sie die kleinste Regung der Lust verspüren – und leben diese dann aus. Manche Paare „daten“ sich dann wie am Anfang der Beziehung, fahren in ein schönes Restaurant oder für eine Nacht in ein Hotel und widmen Sie sich ganz der gemeinsamen Zeit zu zweit. Ein Trick, der durchaus neue Schmetterlinge im Bauch entstehen lassen kann…
Duftkerzen statt Libido-Killer
Achten Sie auch auf die kleinen Details, zum Beispiel darauf, alle „Lustkiller“ aus dem Schlafzimmer oder Bad zu verbannen. Der Anblick von Arzneimitteln und Salbengerüche hat nichts mit einer erotischen Atmosphäre zu tun. Duftkerzen, Blumen, gedämpftes Licht, schöne Musik hingegen schon. Und Kerzenlicht schmeichelt zugleich jeder Figur. Kleiner Trick: Wenn es Ihnen schwerfällt, sich elegant zu entkleiden, dann lassen Sie die Hüllen einfach schon fallen, bevor Ihr Partner das Zimmer betritt. Und dann? Setzen Sie auf ein langes Vorspiel. Ein warmes gemeinsames Bad oder auch eine sanfte Massage mit duftenden Ölen trägt nicht nur zur Vorfreude bei, sondern kann auch Schmerzen lindern.
Schutz ist das A und O
Sorgen Sie auch dafür, Kondome im Haus zu haben. Zugegeben, das klingt nicht romantisch – ihr Einsatz ist aber gerade für Frauen mit Morbus Bechterew wichtig, da viele Rheuma-Medikamente eine sichere Verhütung erfordern. Zudem schützen Kondome vor Infektionen. Es gibt eine Reihe von Medikamenten zur Behandlung von Morbus Bechterew, die das Immunsystem beeinflussen. Daher sollten Sie sich generell vor allen Infektionen schützen, besonders aber vor solchen, die durch Geschlechtsverkehr und Schleimhautkontakt übertragen werden können.
Spielerisch Neues ausprobieren
Gerade für Menschen mit einem chronisch entzündeten Rücken ist es wichtig, dass sie nicht durch das Gewicht des Partners belastet werden. Probieren Sie spielerisch verschiedene Positionen aus und finden Sie heraus, wann so wenig „Last“ wie möglich auf Ihrem schmerzenden Rücken liegt. Generell sind Stellungen gut, bei denen der Partner mit Morbus Bechterew „oben“ bleibt, denn so kann er die Bewegungen und Belastungen selbst steuern.