Wie wird Kinder- und Jugendrheuma behandelt

Nach vorne blicken: Bisher ist es nicht möglich, Kinder- und Jugendrheuma, in der Fachsprache „juvenile idiopathische Arthritis“ (kurz: JIA) genannt, ursächlich zu heilen. Aber: Es gibt wirksame Therapien, die das Fortschreiten der Erkrankung bei Ihrem Kind verlangsamen können.

Kinder und Jugendliche mit Rheuma in Alltagssituationen
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Basis für den Erfolg – ganzheitlich behandeln

Die Mittel und Wege eine JIA zu behandeln, haben in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Dadurch können Ärzte den meisten betroffenen Kindern wirksam helfen. Voraussetzung ist natürlich, konsequent an der Therapie dranzubleiben. Und da sind auch Sie als Eltern gefragt, dies Ihrem Kind einfühlsam und überzeugend zu vermitteln.

Wie wird Kinder- und Jugendrheuma behandelt?

Das Rheuma Ihres Kindes unterscheidet sich in vielen Dingen von der Form, die Erwachsene betrifft. Daher ist es wichtig, sich in die Hände eines Spezialisten, eines Kinder- und Jugendrheumatologen, zu begeben. Ein bundesweites Verzeichnis von Ärzten finden Sie hier.

Sobald Sie einen Kinder- und Jugendrheumatologen gefunden haben, werden Sie feststellen, dass er bei der Therapie Ihres Kindes nicht nur eine Maßnahme oder ein Medikament, sondern ein ganzes Behandlungskonzept vorschlägt. Diese Konzepte sind stets individuell auf die betroffenen Kinder zugeschnitten. Und neben Medikamenten, Physio- und Ergotherapie gehören dazu auch psychosoziale Unterstützung und manchmal Operationen.

Welche Medikamente setzt der Arzt ein?

Das ist je nach JIA-Form unterschiedlich und hängt davon ab, wie stark die Erkrankung bei Ihrem Kind schon fortgeschritten ist. Das gilt auch für die Frage, wie lange Ihr Kind die Medikamente einnehmen wird. Fakt ist: Auch wenn durch die Therapie die Entzündungen und Schmerzen schwächer oder sogar ganz verschwunden sind, werden die Medikamente nicht sofort abgesetzt. Der Arzt wird die Medikamente wahrscheinlich sogar noch über längere Zeit weiter verschreiben, um einen Rückfall zu vermeiden.

Wichtig ist in jedem Fall, während der Behandlung zu kontrollieren, ob die Medikamente wirklich wirken bzw. von Ihrem Kind vertragen werden. Häufig sind mehrere Medikamente nötig, um die JIA wirksam zu behandeln. Hier ein Überblick:

Medikamentöse Therapie

Nichtsteroidale Antirheumatika

Oft besteht die Behandlung aus nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR). Das sind Medikamente, die entzündungshemmend, schmerzlindernd und zum Teil fiebersenkend wirken. Dabei klingen die Schmerzen zuerst ab, und erst später hemmen die Substanzen auch die Entzündung. Als alleinige Therapie für längere Zeit sind diese Medikamente aber ungeeignet. Sobald sie nicht mehr ausreichend wirken, werden darum zusätzlich weitere Medikamente eingesetzt, die stärker gegen die Entzündung wirken.

Kortikoide

Sie hemmen sehr stark die Entzündung. Der Arzt verabreicht sie am häufigsten mit einer Injektion direkt in das betroffene Gelenk. Er kann sie aber auch in Tablettenform oder als Infusionen geben. Niedrig dosiert kann er sie als sogenannte Brückentherapie verschreiben. Das passiert immer dann, wenn die Wirkung anderer Medikamente noch auf sich warten lässt.

In seltenen Fällen kann der behandelnde Arzt auch eine einmalig hohe Dosis (Stoßtherapie) anordnen. Zum Beispiel dann, wenn die Entzündung besonders stark ist und schnell eingedämmt werden muss. In hoher Dosierung und über längere Zeit wird der Arzt aber Kortikoide einem Kind oder Jugendlichen nicht geben. So können mögliche starke Nebenwirkungen wie Wachstumsverzögerungen verhindert werden.

Basistherapie

Sobald die Krankheit sehr aktiv ist oder eine der schwereren JIA-Formen, etwa die Polyarthritis, vorliegt, werden Basistherapeutika eingesetzt. Sie wirken oft erst nach etwa acht bis zwölf Wochen – helfen dann aber nicht nur gegen die Symptome, sondern beeinflussen auch den weiteren Krankheitsverlauf. Es gibt sie als Tabletten oder zum Spritzen. Wichtig sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen, da die anhaltende Anwendung mit Nebenwirkungen verbunden sein kann.

Biologika

Sie werden bei einer JIA immer dann eingesetzt, wenn andere Medikamente nicht ausreichend wirken bzw. nicht vertragen werden. Ihre Wirkstoffe greifen gezielt in die fehlgeleitete Reaktion der körpereigenen Abwehr ein. Konkret blockieren sie entzündungsfördernde Botenstoffe, die bei rheumatischen Erkrankungen eine wichtige Rolle spielen. Die Botenstoffe sind auch bei einer JIA in erhöhter Menge im Blut und den betroffenen Gelenken vorhanden, was die Entzündung verstärkt. Werden sie durch ein Biologikum blockiert, unterbricht das den Entzündungsprozess und die Erkrankung kann langfristig kontrolliert werden. Wichtig sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen, da die anhaltende Anwendung mit Nebenwirkungen verbunden sein kann.

Biologika können nicht als Tabletten eingenommen werden, da die Wirkstoffe von der Magensäure zerstört werden würden. Daher werden sie über eine Infusion, Spritze oder einen Pen verabreicht.

Durch Medikamente, die das Immunsystem beeinflussen, kann das Risiko für Infektionen erhöht sein. Vor der Therapie ist es daher wichtig, bestehende Infektionen, zum Beispiel Tuberkulose oder Hepatitis, auszuschließen. Dies trifft sowohl auf die Behandlung mit Basistherapeutika als auch mit Biologika zu.

Biosimilars

Biosimilars sind Nachahmerprodukte von Original-Biologika, bei denen es sich um sehr komplexe Arzneimittel handelt. Im Gegensatz zu Nachahmerpräparaten chemischer Arzneimittel (Generika) sind Biosimilars nicht mit dem Originalprodukt identisch, sondern ihm ähnlich, ohne dass es klinisch relevante Unterschiede gibt.

Operativ gegen die Krankheitsfolgen

Es gibt bei der JIA verschiedene operative Methoden, die Ärzte gegen die Folgen der Erkrankung an Gelenken oder Sehnen anwenden. Dadurch können sie weitere Schäden vermeiden helfen oder die Funktion wiederherstellen. Bei einem Gelenkerguss zum Beispiel hat sich übermäßig viel Gelenkflüssigkeit angesammelt. Der Arzt führt eine Hohlnadel (Kanüle) ein und zieht mit einer Spritze aus der Gelenkhöhle Flüssigkeit ab. Das entlastet sofort das Gelenk und mindert die Schmerzen. Oft verbinden Ärzte diesen Eingriff auch mit der Injektion von Kortikoiden in das Gelenk.

Bei einer sogenannten Synovektomie wiederum entfernt der Arzt die durch die JIA übermäßig wuchernde Gelenkinnenhaut. Die OP kann die Erkrankung nicht heilen und sollte erst eingesetzt werden, wenn trotz Medikamenten keine Besserung aufgetreten ist.

Weitere Maßnahmen, um die Therapie zu unterstützen

Neben Medikamenten gibt es weitere Hilfen, die die Behandlung unterstützen. Sie alle bieten Ihrem Kind die Chance sich besser zu fühlen und leichter mit einer JIA durchs Leben zu kommen. Manchmal ist es einfach nur ein Hausmittel, das lindernd wirkt, wenn die Entzündung mal wieder die Gelenke überhitzt. Dann gilt natürlich immer das Motto: Begleitende Maßnahmen sind sinnvoll, weil sie das Wohlbefinden verbessern helfen, Medikamente aber können sie nicht ersetzen. Hier ein kleiner Überblick.

Begleitende Maßnahmen

Physiotherapie (Krankengymnastik)

Für Ihr Kind ist es wichtig, früh und regelmäßig mit einer Physiotherapie zu beginnen. Das ist ein wichtiger Teil seiner Behandlung. Denn ein Physiotherapeut kann ihm dabei helfen, Fehlstellungen und Versteifungen der Gelenke zu vermeiden oder diese wieder beheben. Sie entstehen meist dadurch, dass die jungen Betroffenen eine Schonhaltung einnehmen, um den Schmerzen auszuweichen. Ein Physiotherapeut kann Ihrem Kind durch bestimmte Übungen helfen, die betroffenen Gelenke beweglich zu halten.

Je nachdem wie die Krankheit verläuft, kann der Einsatz von Physiotherapie mehrmals pro Woche, manchmal sogar mehrfach täglich sinnvoll sein. Mehrfach täglich? Durchaus! Nach einer ausführlichen Anleitung durch den Therapeuten kann Ihr Kind später einfache Übungen auch zuhause ausführen.

Wichtig:

Die Behandlung beim Physiotherapeuten sollte in enger Absprache mit dem behandelnden Kinder- und Jugendrheumatologen erfolgen.

Ergotherapie

Diese Therapieform hilft Ihrem Kind über spielerisches und handwerkliches Tun, bestimmte Tätigkeiten im Alltag besser zu bewältigen. So werden etwa gelenkschonende Bewegungsabläufe geübt. Bei kleineren Kindern bezieht sich das meist auf das Spielen, bei Größeren geht es mehr darum, Fehlbelastungen im Alltag zu vermeiden. In der Tat gibt es viele Hilfsmittel, die vor Fehlstellungen schützen und bestimmte Bewegungen entlasten können. So können individuell angefertigte Schienen, etwa für den Unterarm, nützlich sein. Den Umgang mit ihnen muss ein Kind aber erst lernen, damit sie schonend eingesetzt werden können. Kleineren Kindern können speziell angefertigte Roller oder Dreiräder helfen.

Psychosoziale Unterstützung

Mit der Diagnose JIA kann sich viel im Leben der betroffenen Kinder und Jugendlichen sowie für Eltern und Familie ändern. Dann gilt es, zusätzliche Kräfte zu mobilisieren. Die Strategien, um die Krankheit zu bewältigen, sind sehr unterschiedlich. Jeder muss dabei seinen eigenen Weg finden. Verschiedene Hilfsangebote können jedoch den Umgang mit der Erkrankung erleichtern.

Viele Kinderrheumazentren bieten Eltern- und Patientenschulungen an. Daneben gibt es Elternkreise in denen Sie die eigenen Erfahrungen und Gefühle mit anderen Eltern betroffener Kinder austauschen können. Und auch für Ihr Kind gibt es Gruppen, in denen es sich mit anderen betroffenen Kindern untereinander austauschen kann.

Scheuen Sie sich auch nicht, mit dem behandelnden Arzt über die Belastungen zu sprechen, die eine JIA über die Symptome hinaus mit sich bringen kann. Er hört von diesen Problemen nicht zum ersten Mal und wird individuelle Lösungen anbieten können.

Weitere Infos finden Sie zudem im Internet über die Kinderrheuma-Stiftung:
www.kinder-rheumastiftung.de

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